Titelmania – das „wundersame“ Spiel mit Jobtiteln

Auf beruflichen Social-Media-Plattformen wie LinkedIn oder Xing fällt auf, dass so gut wie jeden Namen eine Zusatzbezeichnung schmückt, mit der die Bedeutung der bekleideten Stelle betont wird.

Head of … was auch immer, Vice Presidents oder Managing Director bis hin zu C-Level-Positionen, mit denen sich die „eingeweihten“ Mitglieder der Geschäftsleitung vorzugsweise von Start Ups schmücken, sind alles andere als selten. Auch bei traditionellen, weniger hippen Organisationen lässt sich beobachten, dass die Mitarbeiter zunehmend mit Titeln ausstaffiert werden. Hier sind es weniger die Global Head of …. sondern Direktorentitel in verschiedenen Abstufungen. Gern wird auch die Seniorität der Mitarbeiter betont, indem man sich ab dem zweiten oder dritten Jahr nach Berufseinstieg als Senior, besser noch als Senior Manager bezeichnen darf.

Aber was sollen all die Titel suggerieren? Oder sind in unseren Unternehmen und Organisationen die wichtig klingenden Posten und Funktionen tatsächlich von Nöten?

Um es vorwegzunehmen, ich habe keine Ahnung. Ganz sicher wird sich in jedem Einzelfall eine durchaus plausibel klingende Begründung finden, warum es ohne wichtige Titel nicht mehr geht. Diese werden von Employer Branding (wir bieten Karrierewege und unsere Konkurrenten machen es schließlich auch so) bis hin zum Kundenauftritt reichen.  

Aber sind die zugegebenermaßen wichtig klingenden Titel auch bei näherer Betrachtung tatsächlich sinnvoll?

Entwickelt haben sich Berufsbezeichnungen, um Berufe und die damit verbundenen Tätigkeiten voneinander abzugrenzen. Zusätze wie Meister, Direktor (man spricht auch vom Direktionsprinzip), Leiter, Sachbearbeiter oder Geselle dienten dazu, die hierarchische Stellung und damit verbunden die Funktion innerhalb einer Organisation zu verdeutlichen.

Es handelt sich bei Jobtiteln also um Funktionsbezeichnungen, die durch ein Über- / Unterordnungsverhältnis gekennzeichnet sind. Ganz platt, die Hierarchie in einem Unternehmen.

Wozu aber dienen Hierarchien in Organisationen? Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich, wenn man sich zunächst verdeutlicht, was Organisationen sind.

Stark vereinfacht betrachtet dienen Organisationen – hierzu zählen auch Unternehmen – der Erreichung eines spezifischen Zwecks. Um diesen Zweck zu erreichen, bedient man sich der Arbeitskraft von Menschen, oder anders ausgedrückt, es werden Organisationsmitglieder rekrutiert. Ist der Organisationszweck nicht durch einfache Zusammenarbeit erreichbar, sondern erfordert eine komplexere Ausgestaltung der Zusammenarbeit, wird der Organisationszweck in Unterzwecke (Bereiche, Abteilungen, Gruppen) aufgeteilt. Es entsteht eine Art Zweckkaskade, in der einzelne Organisationsmitglieder die Verantwortung für Unterzwecke übernehmen.

In dieser Kaskade dienen Hierarchien der Zuweisung von Verantwortung und Entscheidungskompetenzen, da eine Organisation nur so nach innen und außen handlungsfähig ist.

Mir drängt sich an dieser Stelle der Gedanke auf, dass Jobtitel, denen keine entsprechende Funktion gegenübersteht, für das Funktionieren eines Unternehmens entbehrlich sind.  

Warum gibt es sie dann, vielleicht um die so Honorierten zu motivieren?

Motivation ist etwas vereinfacht die Bereitschaft, in einer konkreten Situation eine bestimmte Handlung mit einer bestimmten Intensität bzw. Dauerhaftigkeit auszuführen.

Mhh, wenn die Titelverleihung aber schon erfolgt ist, wird es mit dem Motivationspotential schwierig. Okay, kurzfristig soll noch bewiesen werden, dass der Titel zu Recht verliehen wurde. Aber mittel- und langfristig fehlt es am Motiv oder besser am Handlungsziel, für das sich eine Anstrengung lohnen würde.

Da mit der bloßen Titelverleihung in der Regel keine strukturelle Veränderung der Organisationsstruktur verbunden ist, scheidet, weil eine Erweiterung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume in der Folge eher nicht stattfindet, auch die motivierende Wirkung eines Job-Enrichments aus.

Was bleibt also noch? Window-Dressing oder etwas freundlicher ausgedrückt „impression management“, also das Aufhübschen des Organigramms und der Verschleierung der Tatsache, dass Entwicklungsmöglichkeiten eigentlich nicht bestehen. 

Oder ist es ganz anders und die noch nicht Betitelten sollen motiviert werden?

Nun denn: „Aber was her machen sie schon …“